Leider verlief der Wettkampf in Spanien nicht wie erwünscht und ich musste das Rennen vorzeitig aufgeben.

Das Schwimmen im Fluss von Pontevedra war speziell mit den äusseren Umständen. Nicht nur die Strömung hatte einen Einfluss auf den Ausgang, sondern auch die kalte, knapp 14 grädige Wassertemperatur. Das Schwimmen wurde daher von 3km auf 1.5km verkürzt, was auch die Gruppenbildung auf dem Rad begünstigte und meiner beabsichtigten Taktik nicht sonderlich entgegenkam.

Kurzerhand entschloss ich mich, auf das Einschwimmen zu verzichten, da auch die Lufttemperatur nur knapp 10 Grad aufwies. Stattdessen setzte ich eine warme Mütze auf und schwang die Arme kräftig an Land. Mindestens der Schneefall von zu Hause blieb uns verschont, stattdessen lachte die Sonne vom wolkenlosen spanischen Himmel. Offensichtlich startete ich nicht von der optimalen Startposition aus und die ersten 100m schien ich in der Strömung beinahe still zu stehen, während auf der andren Startseite die Post abging. Dafür durfte ich mich später von hinten durch das Feld pflügen und durch die zahlreichen eingefangenen Kopfnüsse bin ich dann endgültig im Wettkampfmodus angekommen.

Beim Radfahren bildete sich vorne bereits eine fast 8 köpfige Spitzengruppe mit den Hauptfavoriten, was bei 10m Windschatten Abstand vor allem in den schnellen Passagen eine grosse Energieersparnis bedeutet für die folgenden Athleten. Ich wusste, dass meine beste Chance für das erfolgreichste Abschneiden darin besteht, auf den Hauptfavoriten Javier Gomez beim Radfahren eine Differenz herauszufahren für die abschliessenden 30 Laufkilometer. Ich konnte daher nicht zu lange zuwarten und musste schauen, dass ich zurück nach ganz vorne komme. Meine Beine fühlten sich toll an und es gelang mit dann auch quasi im Alleingang, die knapp 2 Minuten zuzufahren. Bei diesem offensiven Vorgehen mit dem ambitionierten Wettkampfziel musste ich auch in Kauf nehmen, dass ich damit ein Risiko eingehe. Quasi einen Haufen weiterer starker Athleten nach vorne zu ziehen, mit viel weniger Kraftaufwand und Energieverschleiss von ihrer Seite her. Aber die grössten Blumentöpfe gewinnt man halt nur, wenn man bereit ist, volles Risiko einzugehen und aufs Ganze zu gehen! Auf jeden Fall wollte ich mir für den Tag im Nachhinein nichts vorwerfen müssen.

Meine Taktik setzte ich gleich weiter um, indem ich gleich an der Spitzengruppe vorbeifuhr und das Tempo weiter verschärfte. Leider zerschlug sich meine Hoffnung ein wenig, denn die Gruppe wurde nicht weiter ausgedünnt, sondern konnte später in seiner ganzen Grösse wieder aufschliessen. Fortan konzentrierte ich mich die letzten Kilometer auf das abschliessende Laufen und eine gute Verpflegung. Während ich hier regelmässig los lief, war das Tempo der meisten anderen Athleten horrend, die versuchten, mit Gomez mitlaufen. Dieser lief letztlich, frenetisch unterstützt von vielen Tausenden von Zuschauern in den Gassen von Pontevedra, in einer anderen Liga und einem uneingeschränkten Heimsieg entgegen. Gelegentlich wähnte ich mich schon eher an einem Strassenfest denn Triathlon! Auf den letzten 10km des Rennens überschlugen sich die Ereignisse und das Klassement, denn praktisch sämtliche Athleten ganz vorne ausser Gomez brachen ein und verloren noch viel Zeit und Rangierungen. Ich selber hatte aber mehr mit meinen immer stärker auftretenden Schmerzen an der Hüfte zu kämpfen und augenscheinlich bin ich ziemlich schief durch die Gegend gerannt. Schon bald wurde mir klar, dass ich damit meine ganze Saison gefährden könnte und fasste den harten, aber einzig richtigen Entscheid, das Rennen vorzeitig zu beenden. Nach der ganzen umfangreichen Vorbereitung, den grossen Ambitionen und dem letztlich tollen Formstand eine riesige Enttäuschung!

Vor dem Race waren meine Beschwerden, herrührend vom Auto, das mich in den USA angefahren hat, oberflächlich praktisch vollständig verschwunden. Obwohl mein Körper vor jeder Therapie wieder einen Beckenschiefstand aufwies, schien die Sache auch in den Trainingseinheiten überstanden. Aber offensichtlich bin ich nicht mehr 20 Jahre alt und mit der harten Vorbelastung auf dem 120km langen Radsegment im Wettkampf konnte ich dann beim Laufen muskulär nicht mehr die nötige Spannung halten bzw. kompensieren, um die Disbalance zu kompensieren.

Letztlich gehören solche Enttäuschungen ebenso zum Spitzensport und ich schaue bereits wieder in die Zukunft. Glücklicherweise habe ich ein gutes Team um mich herum und ich bin zuversichtlich, die gesundheitlichen Herausforderungen bald vollständig in den Griff zu kriegen und meine Form noch in entsprechende Erfolge ummünzen zu können. Entscheidend ist, dass man an Herausforderungen wächst und sich nicht davon unterkriegen lässt. Eine Lektion, die man nirgends so schnell lernt wie im Spitzensport, dafür aber für sein ganzes Leben anwenden darf.

Bis bald, euer Ruedi