Schon immer in meiner Zeit als Profisportler wollte ich mal ein Trainingslager am Geburtsort des Triathlons absolvieren, der Region um San Diego in Südkalifornien. Sozusagen auf den Fährten der Vorbilder aus meiner Jugendzeit, über welche ich damals haufenweise Magazine und Berichte gelesen hatte. Ich wähnte mich schon heimisch, ohne jemals hier gewesen zu sein…
Dieses Jahr nun endlich bot sich die Gelegenheit, für einmal Kalifornien anstatt Europa als Trainingslager zu nutzen und als Abschluss einer der traditionellsten Wettkämpfe in Nordamerika zu bestreiten, da er Quasi vor der Haustüre lag. Mein erster Saisonhöhepunkt, die Langdistanz Weltmeisterschaften in Spanien/Pontevedra, findet bereits in einem Monat statt und entsprechend intensiv wollte und sollte ich die diese Trainingswochen auch nutzen. Das südkalifornische Ambiente bietet natürlich auch neben dem Training so einiges, so dass sich das Trainingspensum einfacher als gewöhnlich überstehen lässt 😉

Die Bedingungen zum Schwimmen und Laufen waren ideal. Zahlreiche Outdoor Pools, zudem angenehm gewärmt, so dass ich nicht wie gewöhnlich zu Hause nach einer Stunde als Eiszapfen ende. Jeder Pool hat ausschliesslich Schwimmleinen, daher genügend Platz (bzw. er ist auch mit 5 Schwimmern noch nicht überfüllt…) und die Location bietet gewöhnlich 2-3 Clubeinheiten pro Tag an, wo praktisch jeder auch mit unterschiedlichem Niveau einfach mittun kann. Zum Laufen gibt es neben den Küstenabschnitten auch viele weitere Optionen, etwa abwechslungsreiche Trails durch reizvolle Umgebung. Jedenfalls musste ich mich auch zu den vielen langen Läufen nie überwinden! Zum Radfahren wäre die Region eigentlich sehr schön und ideal geeignet, wenn nur dieser starke Verkehr nicht wäre! Der Strassenkreisel wurde trotz der vielen so tollen Innovationen in Kalifornien noch nicht erfunden, stattdessen sorgen inexistenter öffentlicher Verkehr, Rotlichter an jeder Ecke und Stoppsignale alle 50m dafür, dass auch zu Randzeiten ständig Stau entsteht. Trotz zahlreicher Radwege ist und bleibt man im Verkehr als Radfahrer ein Fremdkörper, auch weil wohl die wenigsten Autofahrer seit ihrer Kindheit jemals wieder auf einem Rad gesessen sind.

Das Training machte Spass, lief erfolgreich und die Werte stimmten. Beim lockeren Ausfahren geschah dann aber das Unglück, als mich ein Autofahrer übersah beim Einbiegen. Ich konnte zwar noch abbremsen, landete aber nach einem Salto auf dem harten Asphalt. Neben Prellungen und Schürfungen ist mir zum Glück nichts Schwerwiegendes passiert, aber als Profisportler ist schon dies sehr einschränkend, insbesondere auch mit einem anstehenden Wettkampf. Nun darf ich dafür als weitere Erfahrung als Kläger auch noch das amerikanische Rechstsystem kennenlernen.

Der Halbironman in Oceanside lief meinen Erwartungen entsprechend. Sehr lange und bis zum Laufen konnte ich mich in den ersten drei Positionen halten, wurde dann aber beim Halbmarathon (für mich ungewohnt) noch auf den sechsten Platz nach hinten verwiesen. Den Umständen entsprechend muss und darf ich damit aber mehr als zufrieden sein, über weite Strecken und bis zum Laufen mit vielen der Weltbesten mitgehalten zu haben… Weiter erholt von den Blessuren und vom vielen Training bin ich zuversichtlich, dass ich Anfang Mai in Top Verfassung zur WM antreten werde. Die Luft nach oben ist nach dem zweiten Rang aus dem Vorjahr beschränkt, aber ich werde nichts unversucht lassen!

Viele Grüsse und bis bald,

Euer Ruedi

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