Wie bereits in den letzten Jahren entschied ich mich auch diese Saison wiederum für den Wettkampfeinstand in Arabien. Je länger desto mehr brauche ich diese Motivation durch die Wettkämpfe und könnte nicht mehr wie früher monatelang ohne Ernstkampf im Winterhalbjahr durchtrainieren.

Die Temperaturen sind aktuell mit etwas über 20 Grad sehr angenehm und die olympische (non drafting) Distanz über 1.5km Schwimmen, 40km Rad und 10km Laufen ideal kombinierbar mit meinem Wintertraining, wo harte und eher kürzere Einheiten im Vordergrund stehen. Gleichzeitig bekomme ich – in Ergänzung zur traditionellen Leistungsdiagnostik – eine spezifische Rückmeldung über den aktuellen Form- und Trainingsstand und diejenigen Dinge, an denen ich noch verstärkt arbeiten muss. Dies wiederum hilft Lubos Bilek und mir für die Trainingsplanung in den kommenden Wochen, damit ich bei den A Wettkämpfen (bspw. der LD WM im Mai) optimal vorbereitet und in bester Verfassung am Start stehe.

Viele Triathleten vergessen meiner Meinung nach in der heutigen «Datenwelt» immer wieder, dass – zum Glück – etwa Watt Treten auf der Rolle, Schwimmen im Pool oder auch Laufen auf dem Band immer noch etwas anderes sind als die wettkampfspezifische Belastung im Race, wo die Sportarten erst noch kombiniert werden. Schwimmen im offenen Gewässer und mit zahlreichen Konkurrenten um einen herum, Radfahren mit Vorbelastung sowie vielen technischen & taktischen Elementen sowie das Laufen mit schweren Radbeinen und schwindenden Energiereserven. Noch nicht mal erwähnt hier all die mentalen Aspekte und Bereiche der Wettkampfverpflegung, welche je länger die Distanz umso wichtiger werden. Viele «Trainingsweltmeister» sind so immer wieder erstaunt, dass es im Wettkampf dann nicht zur erhofften Leistung und Resultat reicht. Sie orientieren fast ausschliesslich an den Zahlen von ihren (meist ungenauen) Wattwerten, Auswertungen von irgendwelchen Trainingstools und schönen Datenreihen, schnellen Swimsplits im Pool oder noch lieber den top Abschnittsplits in Wettkämpfen (bevor sie dann beim Laufen eingehen…). Sie vergessen dabei, dass diese Parameter nur für den Versuch da sind, einen Teil der Realität bzw. Wettkampfleistung abzubilden. Wenn das Wettkampfresultat im Vordergrund steht und nicht das verbessern jener Parameter und schöner Kurven, ist es meiner Meinung nach viel wichtiger, sich spezifisch auf die Gegebenheiten des Wettkampfes und die Dynamik und Anforderungen des Triathlons vorzubereiten und sich dazu Gedanken zu machen.

Zurück zu meinem Wüstentrip:
Der Einstand in die neue Saison ist geglückt und über meinen aktuellen guten Formstand bin ich sogar selber etwas positiv überrascht. Auf der F1 Strecke am Tri Yas in Abu Dhabi konnte ich mich nach einer gelungenen Leistung in sämtlichen Abschnitten erfolgreich gegen die Konkurrenz durchsetzen. Die Wettkämpfstätte in Abu Dhabi – nach bereits fünf Jahren bzw. Einsätzen hier – übt immer noch eine Faszination auf mich aus. Wo sonst die F1 Boliden ihre Runden drehen, können wir bei perfekten Bedingungen den Wettkampf absolvieren. Alles in Gehdistanz vom Hotel erreichbar, eine komplett abgesperrte Strecke (ohne Verkehr), ein technischer und abwechslungsreicher Kurs und ganz im Allgemeinen top Wettkampfbedingungen. Im Anschluss zum Rennen ist für uns Profis sogar eine „Team Villa“ bzw. spezieller Bereich reserviert – mit allem zum Essen, Trinken, Regenerieren und was das Herz sonst noch begehrt. Bei diesem Hauch von F1 Glamour lässt sich doch im Wettkampf schon fast einfacher leiden.

Beim Schwimmabschnitt konnte ich mich im Wasserschatten eines Kollegen gut positionieren und etwas absetzten vom Rest des Feldes. Auf dem Rad fand ich schnell die richtige Mischung zwischen Krafteinsatz, technischem Handling und dosiertem Risiko. Der Rundkurs ist denn auch eine technische Angelegenheit, mit vielen z.T. engen Kurven und Höhenmetern, und bietet im Gegensatz zu den gewöhnlichen Triathlon-Radstrecken vielmehr die Möglichkeit, eine gute Kurventechnik gewinnbringend einzusetzen. Letztlich und nach zahlreichem Üben im Training konnte ich die meisten Kurven in der Triathlon Position durchfahren (was bei einer Durchschnittgeschwindigkeit von rund 45km/h gewiss kein Nachteil ist), während mein Hauptkonkurrent sogar zu Fall kam und das Rennen später aufgeben musste. So musste ich beim Laufen für den Sieg denn auch nicht mehr meine letzten Reserven anzapfen.

Die restlichen verbliebenen Körner konnte ich dafür die folgenden zwei Tage gut gebrauchen, denn es standen noch zwei umfangreiche Trainingstage mit vielen Radkilometern in der Wüste auf dem Programm. In der Wüste vor Dubai gibt es nämlich einen abgesperrten, separaten 150km langen Rundkurs extra für die Radfahrer. Mit dem intensiven Regen habe ich aber nicht gerechnet! Mein Rad musste ich anschliessend gleich mit unter die Dusche nehmen, um es vom vielen Sand zu befreien. Ein wirklich einmaliges Wüstenerlebnis!

Mein persönliches Fazit nach den ersten Trainingswochen: Die lange Saisonpause hat mir gut getan und trotz noch unspezifischem Training passen Form und Aufbau bereits bestens. Der Austausch mit Lubos ist sehr bereichernd und zusätzlich motivierend für das Training. Auch bestätigt hat sich wiederum, dass Langlauf für mich nicht nur ein gutes Alternativtraining ist, sondern auch eine ideale Triathlon Vorbereitung– vielleicht muss ich meinen nächsten Grossanlass im Sommer auf dem Gletscher vorbereiten.

Weiter geht es nun mit einem grossen Trainingsblock, bevor ich dann Anfang April in Oceanside/California am 70.3 antrete. Mit Frodeno, Sanders etc. am Start werde ich dann zweifelsohne eine schonungslose Standortanalyse haben.

Viele Grüsse, euer Ruedi