Der 16. Rang an der Ironman WM auf Hawaii ist nicht mein erhofftes und angepeiltes Resultat. Trotzdem bin ich aber auch nicht unglücklich, denn nur selten vermögen die reinen Zahlen das ganze Geschehen adäquat wiederzugeben.

Der Auftakt und die Stunden vor dem Ironman Hawaii sind jedes Jahr wieder ein Highlight, vor allem auch für die Zuschauer. Bereits zwei Stunden vor Wettkampfbeginn und gegen 4.30 frühmorgens werden die idealen Zuschauerplätze am Pier und dem Strand entlang von Tausenden von Zuschauern gesäumt. Es herrscht eine friedliche Atmosphäre und man kann die Spannung (und Kaffeeduft) in der Luft richtiggehen fühlen.

Normalerweise bin ich gerne immer gerne etwas knapp vor Ort, aber hier mit dem langen Check-in Prozedere sowie 3000 weitere Athleten ist es vorteilhaft, etwas mehr Zeit einzuplanen. Vom Abgeben der Spezialflaschen für die Rad- und Laufverpflegung, dem Bodymarking, dem Wägen der Körpers (im Sanitätszelt – damit können sie herausfinden, ob die später zu behandelnden Athleten dehydriert sind… ) dem Einrichten des Rades, Befestigen der Nahrung etc. bis zum Kalibrieren des Wattmeters auf dem Rad dauert es mindestens eine Stunde, so dass mir danach noch gut 20 Minuten für lockeres Einschwimmen übrig blieben.

Ich war selber überrascht, wie wenig nervös ich war. Beim einen oder anderen Güggeli Triathlon war ich im Vorfeld schon viel aufgeregter! Womit dies jeweils zusammenhängt, ist mir bis heute auch nach all den vielen Jahren ein Rätsel geblieben. Jedenfalls startete ich sehr zuversichtlich in den Tag, bestärkt wohl auch durch die vielversprechenden Trainingswerte, und eine garantierte höhere Top 10 Klassierung hätte ich im Vorfeld nicht unterschrieben.

Um halb sieben kurz nach Sonnenaufgang feuerte die berüchtigte Kanone in der Bucht von Kailua Kona – für die Athleten der Start in einen langen Tag und einer Reise ins Ungewisse. Für einmal kam ich leider nicht so toll weg beim Start und landete in der berüchtigten «Waschmaschine». So musste ich schon einige Körner investieren, um nach einigen Hundert Metern wieder zur Spitzengruppe aufschliessen zu können, wo ich, ähnlich dem Windschatten beim Radfahren, vom Wasserschatten der Vorderleute profitieren und mit kontrolliertem Effort mitschwimmen konnte. Nach der Wendeboje und der ersten Hälfte der 3.8 Km zog das Tempo, aufgrund des «Handorgeleffektes, wieder an und einer meiner Vorderleute liess eine Lücke reissen. Sobald ich dies realisierte, versuchte ich, die gut 10 Meter Abstand wieder zuzuschwimmen, aber auch nach einigen Minuten mit grossem Effort war die Lücke noch nicht geschlossen. Ich wollte nicht schon zu viele Kräfte lassen beim Schwimmen und überliess die Führungsarbeit wieder anderen Athleten. Das Tempo liess weiter nach und mit gefühltem Einschwimmtempo summierte sich der Rückstand auf die erste rund 30 köpfige Gruppe auf über zwei Minuten. Mir war bewusst, dass dies eine schwere Hypotheke für den weiteren Verlauf des Rennen sein würde. Ist man nicht gerade eine Radrakete wie Sanders (2.) und Kienle (4), die in der Folge mal noch an mir vorbeidonnerten, ist es erfahrungsgemäss nicht mehr möglich, nach vorne zu kommen, wo in der Folge die Musik um die vordersten Klassierungen spielt, während den Verfolgern noch die Brotsamen bleiben. Es folgten mental herausfordernde Stunden auf den 180 Radkilometern durch die Lavawüste, während der Abstand nach vorne immer weiter anwuchs. Leiden hat viele Facetten und ist definitiv süsser, wenn es um die Wurst geht, d.h. «lohnenswert» erscheint. In meiner Situation dagegen, wo die Erwartungen nicht dem Angestrebten entsprachen, geht i.d.R. eine eher saure Note davon aus. Trotzdem schaffte ich es auch in diesen Momenten, positiv zu bleiben und das Beste aus der Situation herauszuholen. Auch beim abschliessenden Marathon behielt ich diesen Fokus, trotzte erfolgreich Hitze, Schmerz und negativen Gedanken und konnte noch zahlreiche Positionen gutmachen. Schliesslich fehlten weniger als 2 Minuten auf Rang 12 und 5 Minuten auf Top 10 bei meinem zweiten Start auf Big Island. Obwohl nur fünf Positionen besser klassiert als bei meinem Debut im letzten Jahr (21.) habe ich das Gefühl, auf Hawaii einen riesen Schritt nach vorne gemacht zu haben. Damals bin ich nach gutem (Schwimm-) Beginn sukzessive weiter zurückgefallen, v.a. beim Laufen, und hatte mit den speziellen Bedingungen auf Hawaii enorm zu kämpfen («nie wieder!»). Dieses Mal waren die Vorzeichen genau umgekehrt. Während das Schwimmen alles andere als optimal verlief, bewährten sich in der Folge meine Anpassungen vom Vorjahr und mir gelang es, das Beste aus der Situation herauszuholen und sogar in den herausforderndsten Momenten mein inneres Lächeln zu behalten – solches war mir bisher einzig in meinen erfolgreichsten Wettkämpfen gelungen, wo ich aber auch gleichzeitig ganz vorne mitmischen konnte. Die eigentliche Herausforderung und viel schwieriger ist es jedoch, dies auch unter umgekehrten Vorzeichen abrufen zu können.

Im Gegensatz zum Vorjahr verlasse ich die Insel mit dem Gefühl, hier zukünftig definitiv was reissen zu können. Viel des Gelernten konnte ich umsetzten, aber trotzdem gib es weitere Punkte, die ich verbessern muss. Beim Schwimmen werde ich zukünftig versuchen, mich auch über die volle Distanz in einer Halbdistanz/70.3 zu wähnen und etwas aggressiver und weniger vorsichtig ins Rennen zu steigen. Schliesslich habe ich hier in den letzten Jahren bei den grossen Wettkämpfen und dem gleichzeitig höheren Schwimmtempo noch nie die Spitzengruppe verpasst. Zudem werde ich in Zukunft auf Hawaii den Blick vermehrt auf die die Füsse vor mir richten müssen, auch wenn ich natürlich die schöne, aufregende Unterwasserwert den schwarzen Zehennägeln vorziehe … 😉 Für eine zukünftige Herausforderung ist also gesorgt, wenn ich auch auf der Vulkaninsel mal noch richtig reüssieren möchte. Ein paar Grasbüschel sind es also, dich ich dieses Jahr in Hawaii entflammte, aber noch nicht die angestrebte Palme. Wobei ich auch hier mittlerweile gelernt habe, dass die Hawaiianische Göttin Pele Unglück über jene bringt, welche Fauna aus ihrer angestammten Region auf Hawaii entführen. Die Palme werde ich also sein lassen und dafür lieber den bewährten Blumentopf anstreben.

An diesem Punkt endet denn auch meine Saison 2017, welche bereits im Januar in Dubai begonnen hatte. Insgesamt war sie wiederum sehr erfolgreich, u.a. mit drei Siegen über die Halbdistanz/70.3 sowie vielen weiteren top Resultaten, u.a. dem zweiten Platz am Ironman Zürich (und damit der erfolgreichen Etablierung über die volle Ironmandistanz) und dem Heimsieg in Rapperswil. Das eigentliche i Pünktchen der Saison ist leider ausgeblieben auf Hawaii, lässt mich aber umso hungriger auf das kommende Jahr blicken. Neben der Halbdistanz möchte ich dann auch im Ironman den Schritt zur Weltspitze vollziehen. Emotional unübertroffen und mein absolutes Highlight dieses Jahres ist jedoch die Geburt unseres Sohnes Finn, welcher im Mai gesund auf die Welt kommen durfte. Mein Frau hat mich immer enorm unterstützt im Erreichen meiner sportlichen Ziele und sich selber sehr in den Hintergrund gestellt. Die vielen fast schlaflosen Nächte in fordernden Zeiten, während ich meinen Schönheits- bzw. Regenerationsschlaf abhalten durfte, sind nur eines der zahlreichen Beispiele. Dass Sportler nach langen und harten Einheiten hungrig und nicht mehr allzu geduldig sind, muss ich euch in diesem Zusammenhang ja nicht weiter erläutern… So viele Facetten unseres Teams sind für den sportlichen Erfolg unabdingbar, während nach aussen hin die Lorbeeren ausschliesslich mir zufallen.

Nicht erst seit dem Familienzuwachs sind die sportlichen Erfolge für mich relativ. Viel wertvoller im Zusammenhang mit unserem schönen Sport sind all die zahlreichen Erkenntnisse, Erlebnisse und die vielen Bekannt- und Freundschaften mit tollen und spannenden Leuten, welche ich über alle die vielen Jahre machen durfte (und hoffentlich noch weiterhin machen werde). Die sportlichen Erfolge sind schnell vergänglich, aber diese einmaligen Erinnerungen und Erlebnisse bleiben mir noch mein ganzes Leben erhalten.